Kleben als leistungsfähige Alternative zum Schweißen

Die Forschung und Entwicklungsabteilung der Firma Muehlhan AG hat zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP das standardisierte Haltersystem ­-fix für endbeschichtete Oberflächen entwickelt und von den Klassifikationsgesellschaften Lloyd‘s Register und RINA zertifizieren lassen. In Kombination mit dem modularen Halterungssystem von Sikla wird das Verfahren als kosten- und zeiteffizientere Alternative zum Schweißen eingesetzt.

Bei der Ausstattung maritimer Strukturen und Schiffe müssen häufig Rohrstücke, Kabeltrassen oder andere Ausrüstungsgegenstände auf bereits endbeschichtete Oberflächen nachträglich montiert werden. Dies bezieht sich auf Flächen sowohl im Innenals auch im Außenbereich. Verbindungstechniken für die Befestigung von Baugruppen sind üblicherweise das Schweißen und Schrauben.

Grenzen des Schweißprozesses

Das Schweißen von Haltern auf bereits vollflächig beschichtete Oberflächen birgt Risiken und verursacht einen hohen Arbeits, Zeitund Kostenaufwand. Isolierungen müssen entfernt und die jeweiligen Oberflächen für das Schweißen blank geschliffen werden. Das erhöhte Brandrisiko beim Schweißvorgang erfordert Kompensationsmaßnahmen (Brandschutzhelfer, Feuerlöscher, Löschdecke, etc.). Insbesondere das später fällige Wiederherstellen der beschädigten Beschichtung und Isolierung machen diesen Prozess sehr teuer.

Neues Montageverfahren

Im Rahmen eines national geförderten Forschungsprojektes wurde durch die Muehl han AG in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IGP das μfix Montageverfahren für den Einsatz in maritimen und OffshoreBereichen entwickelt. Das System ist laborund felderprobt und besitzt die erforderlichen Zulassungen für den Einsatz im Werftund Offshorebetrieb für sowohl unbeschichtete als auch beschichtete Oberflächen. Eine bei Bedarf ergänzende, in den Prozess integrierte, Haftfestigkeitsprüfung der Altbeschichtung sorgt für zusätzliche Sicherheit.

image-png-Jul-27-2022-09-14-39-57-AM Alternative zum Schweißen
Abb1: Montage einer Rohrhalterung direkt auf die beschichtete Oberfläche einer Offshore-Plattform

Abb. 2: Prüfplan zur Überprüfung von Alterungseffekten
und Medienbeständigkeit des Klebstoffes unter
Offshore-Bedingungen

 

Die Applikation ist in einem weitem Temperaturbereich durchführbar, und das Haltersystem ist unabhängig von der Umgebungsfeuchte nach sechs Stunden voll belastungsund einsatzfähig. Aufgrund des geringen Aufwandes für die Oberflächenvorbereitung wird die Prozesszeit von vorher Tagen auf Stunden reduziert. Die Montagekosten für Rohrleitungen, Kabelhalterung, etc. (vgl. Abb. 1) lassen sich somit um bis zu 50 Prozent reduzieren, und durch die Kombination mit dem Systemunterbau der Firma Sikla GmbH wird zugleich an Flexibilität bei Planung und Einbau gewonnen. Um den Einfluss der Alterung auf die mechanischen Kennwerte der Klebeverbindung zu untersuchen, wurden die Proben unter anderem dem Salzsprühnebeltest (DIN ISO 4611) als auch einer zyklischen Temperaturwechselprüfung (VW PV 1200) unterzogen. Das Prüfkonzept beruhte darauf, nicht Prüfplatten, sondern komplette gefügte Systeme im geklebten Zustand zu prüfen. Insgesamt auf fünf unterschiedlichen Kleboberflächen wurde das System zertifiziert. In Abb. 2 sind alle korrosiven und mechanischen Prüfungen, inklusive zusätzlicher dynamischer Untersuchungen, zusammengefasst.

Im Einsatz erprobt

Der Klebprozess konnte mehrfach seine Vorteile und Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und kam im besonders anspruchsvollen und aggressiven Offshore-Bereich unter anderen bei Tennet und Ørsted bereits zum Einsatz. Im Rahmen einer Nachrüstungskampagne wurde auf der HelWin beta Offshore-Konverterplattform in der Nordsee (Abb. 1), auf einer Gesamtlänge von 400 m eine Glasfaserkabel-führende Edelstahlrohrleitung mittels μ-fix direkt auf die beschichteten Oberflächen montiert.

Kabelhalterung im Spritzwasserbereich Kabelhalterung im Spritzwasserbereich an der Außenseite
Abb. 3: Kabelhalterung im Spritzwasserbereich an der Außenseite einer Offshore-Windturmstruktur

In einem zweiten Referenzprojekt im Außenbereich von Offshore-Windturmstrukturen (Abb. 3) wurden im hochkorrosiven Spritzwasserbereich mehrere Hundert μ-fix Halterungen installiert, um dort ansässige Messtechnik in Position zu halten. In beiden Fällen hält das System, was es verspricht. Nachdem das μ-fix System alle bisherigen Herausforderungen unter Labor- und Feldbedingungen erfolgreich absolviert hat, ist die innovative und kosteneffiziente Technologie bereit für den Einsatz auf den Werften. Um die Anwendungsmöglichkeiten noch zu erweitern, wurde das μ-fix System mit den Montageschienen der Firma Sikla GmbH unter Belastung kombiniert und erfolgreich getestet.

 

zum Schiffbau

 


Die Autoren und Quellenangaben:

Tom Marquardt, Project Engineer, Research & Development, Muehlhan AG
Tony Gottschalk
, Sales Engineer, Shipbuilding & Offshore, Sikla GmbH

Inhalt: Schiff & Hafen | Juni 2022 | Nr. 6
Fotos/Abbildungen: Muehlhan AG

Sikla GmbH

Geschrieben von Sikla GmbH

Als einer der führenden Spezialisten von Befestigungssystemen ist Sikla seit über fünf Jahrzehnten kompetenter Partner für die technische Gebäudeausrüstung und den industriellen Anlagenbau. Sikla Produkte werden in mehr als 40 Ländern weltweit eingesetzt. Wir sind in fast allen europäischen Ländern mit einer eigenen Gesellschaft oder durch Vertriebspartner vertreten. Sikla wurde im Jahr 1967 von Sighart Klauß gegründet. Heute beschäftigt die international agierende Firmengruppe ca. 600 Mitarbeiter und wird als unabhängiges Familienunternehmen von Dieter und Reiner Klauß geführt.

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