Warum wird BIM in der Bauindustrie eingesetzt?

Um zu verstehen warum und wie uns Building Information Modeling (BIM) in der Bauindustrie voranbringen wird, ist es zunächst notwendig zu wissen, was in der deutschen Bauindustrie nicht optimal funktioniert. Ob wir als Beispiel den Flughafen Berlin-Brandenburg (BER), die Elbphilharmonie in Hamburg oder den Bahnhof Stuttgart 21 betrachten, ist für eine übergeordnete Darstellung der Herausforderungen in der Bauindustrie unerheblich.

Gerade komplexe Bauvorhaben, die auch über einen längeren Zeitraum geplant und ausgeführt werden, sind einem höheren Risiko ausgesetzt, sich mit vermehrt auftretenden und/oder unvorhersagbaren projektbeeinflussenden Einflüssen zu befassen. Als Resultat ist allen Beispielprojekten gemeinsam, dass die ursprünglich geplanten Kosten und Bauzeiten nicht eingehalten und um ein Vielfaches überschritten wurden.

Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 2016 deckte auf, dass die Fertigstellung großer Bauprojekte mindestens 20% länger und das Budget um mindestens 80% überschritten wird. Zur Verdeutlichung nachfolgend ein paar konkrete Zahlen der Beispielprojekte:

Die Quellen der Tabelle sind dem Ende des Blogbeitrags zu entnehmen.

Soll-Ist-Kalkulation BIM Bauprojekte
Soll-Ist-Kalkulation BIM Bauprojekte.

Gründe für die strukturellen Schwächen im Bauwesen

Die Gründe warum Baukosten und -zeiten in die Höhe schnellen sind vielfältig und können auch auf die grundsätzliche strukturelle Beschaffenheit der Bauindustrie zurückgeführt werden. Die mit der steigenden Komplexität der Bauprojekte einhergehenden Strukturen zur Entscheidungsfindungs- und Informationsbeschaffungsprozesse im Bauprojektmanagement sind den aktuellen Anforderungen im Hinblick auf Geschwindigkeit und Vollständigkeit nicht gewachsen und beeinträchtigen damit u. a. ein vernünftiges Risikomanagement.

In Bauprojekten müssen ständig Entscheidungen getroffen werden, die als Grundlage zum richtigen Zeitpunkt verlässliche Informationen bedürfen. Sind die Informationen gut und verlässlich, kann die Entscheidung auch zur Zufriedenheit führen. Oftmals wird das Risikomanagement aufgrund von Zeit- und Kostendruck nur sehr nachgelagert oder gar nicht verfolgt. Die fehlende Allgemeingültigkeit von Informationen und die lückenhaften Informationsschnittstellen zur Informationsweitergabe auf allen Ebenen führt zu Unklarheit und Intransparenz sowie Zeitverzögerungen.

Sind Informationen aus vorhergehenden Prozessen in den nachfolgenden nicht verfügbar, führt dies zwangsläufig zu Mehraufwand (mehr Kosten und Zeit), wie es beispielsweise des Öfteren in der Planungsphase der oben genannten Beispielprojekte vorkam. Werden Informationen nicht zentral gehalten und stets auf Aktualität geprüft, lässt es sich nicht vermeiden, das Projektbeteiligte mit teilweise veralteten Informationsständen arbeiten.

Die zusätzlich dazu mangelnde Kommunikation und das schwache Leistungsmanagement führen nicht nur zu ständig neuen Problemen in den einzelnen Leistungsphasen, sondern verzögern zusätzlich deren Abarbeitung. Eine Antwort auf diese Herausforderungen ist die Einführung einer neuen Arbeitsmethodik wie es die BIM-Planungsmethode darstellt.

Der Ansatzpunkt von BIM

Bei den oben genannten Herausforderungen setzt der methodische Ansatz von BIM an. Die BIM-Methodik ist keine neue Arbeitsmethodik, sie gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten in unterschiedlicher Ausprägung und der Marktdruck wächst, diese Methodik auch umzusetzen. Durch kontinuierlich kooperative Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten in einem technologisch, sowie strukturierten Arbeitsumfeld mit hoher Transparenz, Echtzeitdaten und gerichteter Kommunikation werden Verzögerungen und Unstimmigkeiten in allen Bauphasen minimiert.

Die Folge sind reduzierte Leerlaufzeiten, schnellere Lösungserarbeitung für Probleme und insbesondere die Möglichkeit im Vorfeld potentiell aufkommende Herausforderungen früh zu erkennen und entsprechend gegensteuern zu können. Diese Faktoren führen letztendlich zu einer Produktivitätssteigerung (i.V.m. besserer Termin- und Kostenkontrolle) und kommt auch hinsichtlich des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels der deutschen Bauindustrie zugute.

Darüber hinaus bietet BIM als "Hilfsmittel" mehr als nur ein effizienteres "Projektmanagement". Auf Grundlage der Art und Weise des Informationsumgangs und Technologisierung der Bauindustrie versetzt BIM uns auch in die Lage sehr viel weitere Mehrwerte für das Projekt zu generieren. Entscheidend ist hierbei die Akzeptanz der BIM-Methodik und das Umdenken weg von einem "gegeneinander" hin zu einem vertrauensvollen "miteinander".

 

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Quellenverzeichnis:

Deutsche Bahn (2018): Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat über Termin- und Kostenentwicklung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm beraten. In: deutschebahn.com.

Presse- und Informationsamt des Landes Berlin (2006): BBI: Wowereit beim ersten Spatenstich. In: berlin.de.

Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (2020): Bescheid zur Eröffnung des Verkehrsflughafens Berlin Brandenburg. 

Christian Fuchs, Stephan Lebert, Daniel Müller (2015): Die unheimliche Firma. In: Die Zeit, S. 17–19. 

Christoph Spangenberg (2012):Die BER-Eröffnungstermine: 2007, 2011, 2012, 2013 … In: Der Tagesspiegel. 

Elbphilharmonie soll 789 Millionen Euro kosten.(2013): In: Norddeutscher Rundfunk.

Ewald B. Schulte (1995): Großflughafen Sperenberg unbezahlbar. In: Berliner Zeitung.

Flughafen Berlin-Brandenburg (2018): Kosten für BER übersteigen sieben Milliarden Euro. In: spiegel.de.

Silke Kersting, Jens Koenen (2012): Start des Berliner Flughafens verschiebt sich erneut. In: Handelsblatt.  S. 18. 

Silke Kersting (2013): „Die Teileröffnung kommt“. In: Handelsblatt, 18–19. 

Stuttgarter Hauptbahnhof soll untertunnelt werden (1995): In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 257, S. 1.

U-Bahnhof für Fernreisende. (1995): In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 13, S. 8.

 
 
Dr. Robert Skorupski

Geschrieben von Dr. Robert Skorupski

Robert.Skorupski@sikla.com

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